Orangerie weiterhin dem Verfall preisgegeben

- Orangerie / Theater im Volksgarten
Foto: TG

Orangerie / Theater im Volksgarten
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Stadt Köln sagt Ja zur Konzeptionsförderung, stellt aber keine Sanierung der Orangerie in Aussicht
Bis zuletzt hatte der TrÀgerverein des Orangerie-Theaters im Volksgarten gehofft, dass sich noch eine Möglichkeit finden wÌrde, den erforderlichen kommunalen Anteil an der angestrebten Sanierung im stÀdtischen Haushalt unterzubringen. Doch mit der Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2010/2011 war klar geworden, dass diese Hoffnung sich bis auf weiteres nicht erfÌllen wird.
Dabei standen die Chancen fÌr eine Sanierung trotz der schwierigen kommunalen Finanzlage sehr gut, denn 90 Prozent der fÌr die Bauma�nahmen erforderlichen Finanzmittel in Höhe von insgesamt 1,7 Mio. Euro standen zum Abruf bereit: Förderzusagen fÌr Landes- und Stiftungsmittel lagen vor, der zu erbringende Eigenanteil des Orangerie e.V. war gesichert. Dennoch lag bei der Stadt Köln trotz vieler BefÌrworter des Projektes kein ausreichender politischer Wille vor, um den vergleichsweise geringen stÀdtischen Eigenanteil im Haushalt zu verankern. Das erscheint um so unbegreiflicher, als die Ma�nahme nur Vorteile bietet, seriös mit Architekten durchgeplant ist und ein Baubeginn fÌr die Stadt Köln quasi nur das Einsammeln von FrÌchten bedeuten wÌrde. Das Aufbringen einer Summe von 170.000 EURO (plus ca. 130.000 EURO innerstÀdtische Projektsteuerungskosten) darf fÌr die Stadt Köln keinen Ablehnungsgrund darstellen, angesichts der Tatsache, dass sie eine Gegenleistung im zehnfachen Wert bekommt, und dabei ein in Köln einzigartiges und ohnehin zu schÌtzenden Denkmal instand setzt und als Kulturgut fÌr die Stadt weiter nutzbar macht.
Auch die manchmal befÌrchtete finanziell riskante Zukunft eines Theaters fÌr die Stadt Köln erscheint dem TrÀger als nicht haltbar. Es liegt eine solide Wirtschaftskalkulation fÌr den Spielort nach der Sanierung vor, die auf den Ist-Zahlen des bestehenden Betriebes basiert. Hier wurde also Àu�erst vorsichtig gerechnet, dabei ist anzunehmen, dass ein saniertes Theaterhaus, das dann endlich auch in den kalten Wintermonaten, den besten Theatermonaten des Jahres, bespielbar ist, eine höhere Wirtschaftsleistung erbringen kann.
Auch der Sorgenpunkt einer mit den Landesmitteln einhergehenden Verpflichtung, nÀmlich die Orangerie 15 Jahre als Kulturbetrieb zu halten, stellt aus Sicht des Orangerie e.V. kein Hindernis dar. Denn einmal saniert wird der schon jetzt gefragte Ort eine so hohe AttraktivitÀt haben, dass es mit Sicherheit auch unabhÀngig vom derzeitigen TrÀger immer Kulturschaffende geben wird, die sich dort engagieren wollen.
So aber bleibt bis auf weiteres alles wie es ist: Das Theater muss im Winter geschlossen werden, weil die Heizung gegen die schlechte Isolierung von WÀnden und Dach nicht ankommt, bei starkem Regen tropft es durch das undichte Dach auf die BÌhne, es gibt keinen Backstage-Bereich fÌr die auftretenden KÌnstler und keine Möglichkeit, den Raum abzudunkeln.
Dennoch ist das Theater aufgrund seines besonderen Charmes und der engagierten Arbeit aller Beteiligten in der freien Tanz- und Theaterszene sehr beliebt. Eingebettet in ein historisches Ambiente verfÌgt das Haus Ìber eine flexible RaumbÌhne in zentraler Lage und verfolgt ein freiheitliches Theater-Konzept, bei dem die kÌnstlerische Leitung in den HÀnden der 12 Residenzgruppen liegt. Hierzu gehören neben dem Analog-Theater, dem Stimmfeld e.V., dem Theater 1000 Hertz, dem E.P.I.-Zentrum NRW, dem Rose-Theegarten-Ensemble und den freien Produzenten Thomas Schrage, Joby Joppen, Axel Siefer (Die.Assoziation), Stefan Rogge und Claudia Braubach neuerdings auch das wehrtheater und die GermaniacGroup.
Eben dieses ungewöhnliche Theaterkonzept und der wirtschaftlich solide Betrieb der Orangerie wurden nun auch durch die Bewilligung von weiteren vier Jahren Konzeptionsförderung durch die Stadt Köln gewÌrdigt. Doch das Theater kann sein Konzept natÌrlich langfristig nur dann realisieren, wenn auch ein funktionierendes Haus existiert.
Auch als SpielstÀtte fÌr den freien Tanz in Köln ist die Bedeutung der Orangerie immens, denn die Möglichkeit zur freien Raumaufteilung lÀsst auch besondere BÌhnenformate zu. Gerade weil nun die PlÀne fÌr ein Tanzhaus ebenfalls dem Rotstift zum Opfer gefallen sind, war allenthalben der Ruf zu hören, es sollten bestehende Tanzorte wie Wachsfabrik und Orangerie erhalten oder gar ertÌchtigt werden.
Ob das GebÀude jedoch ohne bauliche Verbesserungen noch lange bestehen kann, ist mehr als fraglich, auch wenn TrÀgerverein und Residenzgruppen weiterhin unentwegt fÌr eine umfassende Sanierung kÀmpfen.
Dabei ist das stÀdtische GelÀnde im Volksgarten nicht nur als Theater, sondern auch aus historischer Sicht fÌr die Stadt Köln interessant und wertvoll: Hier befindet sich mit der letzten in Resten erhaltenen Kölner LÌnette ein bedeutendes denkmalgeschÌtztes Festungsbauwerk aus preu�ischer Zeit. Und in dem heutigen Theaterhaus lebte vor hundert Jahren ein berÌhmter BÌrger der Stadt: Der Gartenarchitekt Fritz Encke, dessen Geburtstag sich am 5. April 2011 zum 150. Mal jÀhrt.
Umso wichtiger erscheint es dem Orangerie e.V. und den ResidenzkÌnstlern, den Fortbestand dieses einzigartigen Kulturstandortes inmitten Kölns endgÌltig zu sichern. DafÌr kann die Konzeptionsförderung nur der erste Schritt sein, sie ist jedoch kein Mittel, um das GelÀnde und das Theater vor dem Verfall zu bewahren. Die alte Börsenweisheit, dass man in Krisenzeiten antizyklisch investieren solle, gilt eben nicht nur fÌr den Finanzmarkt, sondern auch fÌr die Bewahrung kostbaren kommunalen Eigentums. Dabei sollte man nicht zuletzt auch in die Zukunft blicken: Mit einem im VerhÀltnis kleinen finanziellen Aufwand zur Erhaltung eines Theaterortes könnte die Stadt Köln hier langfristig etwas entwickeln, was in Köln schon so lange fehlt - ein Theaterhaus, das gleicherma�en Spielort, Heimat und Sprungbrett fÌr viele freie Kölner Gruppen ist, das aber auch die Möglichkeit bietet, bundesweite und internationale Gastspiele auszurichten und so eine Strahlkraft auch Ìber Köln hinaus entfalten könnte.
Mittwoch, 23.02.2011
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